Auf dieses Ausnahmeprogramm wies ich vor einigen Jahren bereits hin, doch erst jetzt bin ich selbst soweit, dass ich mich in die 3D-Bombe richtig einarbeite. Legal, schlank, gratis ist das Motto, aber eben auch “monströs”: Blender. Das Ding startet in 1-2 Sekunden, ist ein 80-Megabyte-Downlödchen und kann alles. Ja, wirklich ALLES. Zumindest, was 3D-Animation betrifft. Herrje, es ist sogar ein Video-Editor und besitzt eine Spiel-Engine! Und nun ist es über Steam erhältlich - um Updates müsst ihr euch also zukünftig nicht mehr selbst sorgen.
Dooferweise hat sich das Programm unter Noobs einen fiesen Ruf als unbeherrschbar und komplett unergonomisch erarbeitet. Nun ja, wenn man Tutorials sieht, wo selbst gestandene Blender-Profis von der Maustastenbelegung verwirrt werden… Kein Wunder. Und mit der rechten Maustaste etwas auszuwählen – mal im ernst, welcher profilneurotische Sado-Maso-Nerd denkt sich denn so etwas aus? Auch, dass wichtige Menüs UNTER dem betreffenden Fenster zu finden sind, ist zunächst total verwirrend.
Aber: Erstens wird das User-Interface 2016 eine Überarbeitung erfahren, zumindest hat sich jetzt eine Gruppe gebildet, die den immens gestiegenen Funktionsumfang anders, besser, ergonomischer bändigen will. Und was viele Blender-Hasser evnt. auch nicht wissen: Die Oberfläche lässt sich extrem schnell anpassen. Es folgen einige Einsteiger-Tipps, damit ihr nicht gleich auf “Deinstallieren” klickt.
- Bereits im Startscreen (siehe Bild) könnt ihr die Mausbelegung ändern. Wählt hier (oder später in den “User Preferences” (STRG-ALT-U) unter “Input”) einfach “3Dmax” aus. Schon wird wieder mit links geklickt, wie sich das gehört.
- Unter "Input" lässt sich die komplette Tastenbelegung (auch die der Maus) anpassen. Ich rotiere zB lieber mit STRG + linker Maustaste und verschiebe die Ansicht mit der Leertaste (wie bei Photoshop & Co). Aber nicht vergessen, alle Änderungen auch zu SPEICHERN! Das gilt auch für die folgenden Einstellungen. Ist alles top, also unbedingt STRG-U drücken und bestätigen.
- Eines der großen Blender-Mysterien für Neulinge: Die Fensterverwaltung. Kein "x" weit und breit. Und auch sonst ist (leider) alles anders. Blender benutzt (nahezu unsichtbare) kleine gestrichelte Dreiecke in den Ecken vieler Fenster: Draufklicken, in eine Richtung ziehen, zack, hat man ein neues Fenster. Entfernt wird nach dem Prinzip "gutes Fenster überdeckt böses Fenster": Also das Dreieck des gewünschten Fensters anklicken und "über" das Fenster ziehen, das verschwinden soll. Kann man schlecht beschreiben, das muss man sehen.
- Lässt sich Blender also nur mit einem Display nutzen? Keine Bange. Klickt einfach auf so ein Dreieck und haltet dabei die "Shift"-Taste gedrückt, dann verwandelt es sich in ein ganz normales, frei platzierbares Windows-Fenster. Es geht also doch!
- Beschriftungen, Menüs, Parameter und Icons sind zu klein? Geht mal mit gedrückter STRG-Taste über einen Bereich der Oberfläche, drückt die mittlere Maustaste (bzw. das Scroll-Rad) und bewegt die Maus. Cool, oder?
- Natürlich könnt ihr das alles auch viel genauer und detaillierter einstellen: Preferences (s.o.) aufrufen, unter “System/General” die “DPI” einstellen.
- Auch die Farben lassen sich einstellen oder per “Theme” verändern. Im Screenshot zu sehen: “Energy” von Studio LLB. Den entsprechenden Button (“Install Theme”) findet ihr im unteren Bereich des Preferences/Themes-Fensters.
- Die Iconleisten am unteren Rand nerven euch? Rechtsklick darauf und “Flip to Top” auswählen. Oder: Mit dem Mauszeiger über das Menü gehen und F5 drücken.
- Alles ist durcheinander, 30 Fenster, ihr findet NICHTS mehr. Null Problem: STRG-S (Speichern), STRG-N (lädt die Startkonfiguration), STRG-O (Datei öffnen), die soeben gespeicherte Datei auswählen, "Load UI" (links unten) deaktivieren.
- Ihr wollt nicht mit einem Würfel anfangen? Na dann geht am Besten mal zu Blend Swap, da gibt es sehr schöne Sachen. Und direkt von Blender gibt es die hauseigenen Demo-Dateien. Ebenfalls ein Pflichtbookmark ist Texture.com.
- Ihr wollt die Kamera superflott ausrichten? Einfach in der 3D-Ansicht herumfahren, bis es euch gefällt, dann STRG-ALT-0 drücken. So wird die aktuelle Perspektive zur Kamera-Ansicht. Bäm!
- Nun sind die meisten Menüs pickepacke voll und gerade der Outliner-Bereich (der die einzelnen Elemente einer Szene auflistet) überfordert selbst einen 2K-Monitor. Hier hilft die “Shift + Leertaste”-Funktion: Sie maximiert den Bereich, über dem sich die Maus gerade befindet.
- Sehr gute deutsche Tutorials haben die AgenZasBrothers im Angebot, das Blender-Handbuch ist eh ein Pflichtbookmark und ich sammle ebenfalls gute Blender-Tutorials, speziell für Einsteiger. Und diese Seite versammelt 57 schöne Tipps.
- Extrem hilfreich: Das grandiose Poster von Giuliano D'Angelo, das die wichtigsten Shortcuts zusammenfasst. Es gibt ein Gratis-PNG, aber es lohnt sich wirklich, die Vektor-Datei zu bestellen - auch um seine Arbeit zu würdigen. Wer es schnörkellos mag, benutzt die offizielle Hotkeys-Seite bei Blender.org oder dieses PDF. Vorteil: Man kann beide mit "STRG-F" durchsuchen.
UPDATE: Sagte ich bereits, dass Blender ALLES kann? Um das zu unterstreichen, hier noch ein Link zu der Kinect-Einbindung. Das meines Wissens einzige Gratis-Tool wird im Bremer Technologie-Zentrum Informatik und Informationstechnik von Florian Biermann, Nikolaas Steenbergen und Benjamin Walther-Franks entwickelt und nennt sich Bloop. Bei Vimeo zeigt der Herr Biermann das Teil in Aktion. Mehr zum Thema Motion Capturing steht in diesem älteren Posting.
Und wer den ohnehin schwer beeindruckenden Funktionsumfang in geradezu absurde Höhen erweitern will, kann das über die BlenderAddOnList oder den Blender Add-ons Catalog tun: Mittlerweile gibt es HUNDERTE dieser Erweiterungen, darunter Knüller wie TISSUE. Diese 19 Kilobyte (ja, Freunde, K.I.L.O.-Byte!) erzeugen im Handumdrehen solche Strukturen (Bild 3). Wie krass ist das denn bitte?!
Bevor ihr etwas herunterladet, schaut aber erst Mal unter "User Preferences - Add-ons", ob das Tool nicht schon Teil des Blender-Pakets ist. Eventuell müsst ihr es nämlich nur noch AKTIVIEREN! Beispiel: Unter "Add-ons/Object" findet sich das ebenfalls geniale "Cell Fracture", mit dem man Objekte zerbröseln kann.
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