31.10.14

Rost(lack)

Steampunk-Look fürs Auto, direkt aus der Dose - dank Rostlack ein Kinderspiel. Es handelt sich nicht um Farbe die wie Rost aussieht, sondern um eine Mischung die tatsächlich rostet. Außerdem kann man damit nahezu ALLEM einen Rostlook verpassen, also auch Keramik, Glas, Holz, Kunststoff. Wer nicht so Bock hat, 130€ pro kg auszugeben und nur mit Eisenteilen arbeitet, kann einfach den natürlichen Prozess beschleunigen: Abschleifen (noch besser: Sandstrahlen, das vergrößert die Oberfläche des Werkstücks), entfetten (mit Essigessenz zum Beispiel) und Salzwasser auftragen. Nach wenigen Stunden bildet sich Flugrost, der dann nur noch unter einer Klacklack-Schicht luftdicht konserviert werden muss, damit die Oxidation zum Stillstand kommt (je Sauerstoff, desto Rost!)

Update: Man kann auch so ziemlich alles mit einer Rostschicht versehen, wenn man einen alten Tischlertrick anwendet: Die haben nämlich früher normales Holz auf Alt getrimmt, indem sie es mit einer Rostsuppe bemalten. Die besteht aus Essig, in den für zirka vier Tage Stahlwolle eingelegt wird. Die Flüssigkeit bleibt interessanterweise wasserklar, doch auf etwas gepinselt, erscheint nach einigen Sekunden der Rost. Sehr cool. Hier gibts die Details. Und im Bild oben seht ihr, wie ein Gips-Modell des Hamburger Gängeviertels nach einer Weile aussieht (auf das Bild klicken für eine große Ansicht). Am besten sieht die Textur aus, wenn man über mehrere Tage viele Schichten grob "aufsprüht" (zum Beispiel mit einer Zahnbürste). Aber dann, wie oben bereits erwähnt, unbedingt den Prozess mit einer Schicht Klarlack stoppen. Sonst oxodiert das Ganze munter weiter und wird homogen orange statt schön fleckig.

Andere benutzen Zimt, um einen Rost-Look zu erzeugen, finde ich persönlich aber nicht authentisch genug. Hier eine "Faux Rust"-Anleitung.

Oder man benutzt eine eigene Rostmischung, indem man bei Ebay Eisenpulver besorgt und entweder mit Klarlack mischt, oder erst lackiert und dann das Pulver darauf verteilt. Deutlich (!) billiger als das Fertigprodukt. Auch Sprühkleber funktioniert prima. Nach einer Weile sollte dann eine schöne, echte, Rosttextur entstehen. Vor allem, wenn man mit Salzwasser nachhilft.

Ein weiterer Tipp, um das Ganze NOCH schöner zu gestalten: Salz. Oder Sand. Oder so was in der Richtung. Das kommt dann auf den Rost, aber nur wohldosiert auf einige Teilflächen - der Kram dient nämlich als Maske. Anschließend vorsichtig (damit die Maske nicht weggepustet wird) mit Lackfarbe besprühen (türkis oder hellblau passt super) und trocknen lassen. Dann das Salz (oä) wegbürsten und schon sieht das Ganze aus, als hätte sich der Rost durch den Lack gefressen!

Und jetzt noch etwas Hintergrundwissen:
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Rosten = Oxidation (wie zB auch Feuer) = natürliche Redoxreaktion = Galvanische Zelle = Energie wird erzeugt (Gegensatz dazu ist eine erzwungene Redoxreaktion = Elektrolyse = Energie wird verbraucht). Rost = Eisen(III)-oxid-hydroxid. Rost ist vielseitig: Zum Beispiel ist er Hauptbestandteil von Thermit: 3 Teile Eisenoxid + 1 Teil Aluminiumpulver. Entzündet man diese Mischung (per Magnesiumstreifen o. Wunderkerze) folgt eine stark exotherme Reaktion - bis zu 3000° heiß. Am Ende hat man Aluminiumoxid und... Eisen! Aus Rost Eisen machen, das hat doch was. Entdeckt hat die Thermit-Reaktion Hans Goldschmidt in den 1890er Jahren. Guckt euch mal diesen Video an, da zeigt ein US-Prof eine Thermit-Reaktion und vergleicht sie mit dem rosten seiner Zange... Und die Mythbusters legen noch eine Schippe drauf, versteht sich. :)

Eisen: Die irdischen Eisenerzlagerstätten entstanden durch Meteoriteneinschläge, die das Urmeer mit Eisensalzen anreicherten. Die Eisenmeteoriten oxidierten, das Eisenoxid lagerte sich am Boden ab. Natürlichen Eisenoxide und -hydroxide wurden bereits in 30.000 Jahren alten Höhlenmalereien als Pigmente verwendet. Ab 1.500 vor Christus (Eisenzeit) fing die Menschheit an, Metall durch Reduktion von Eisenerzen mit Holzkohle zu gewinnen. In der Antike wurde die "roten Erde" vor allem zur Herstellung von Keramik verwendet.


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