In letzter Zeit finde ich vermehrt HelloFresh-Gutscheine in meinen Amazon-Kartons. Als Master-Prime-Online-Shopper fände ich es natürlich schön, auch die lästige Nahrungsbeschaffung endlich "outzusourcen". Aber rechnet sich das? An-satz-wei-se? Immerhin: Wie man im Video (einem der wenigen sehenswerten zu dem Thema) sieht, kommen da am Ende wirklich leckere Gerichte zustande.
Nun kostet die Standard-Box hierzulande zum Glück "nur" 40 Euro, woanders (u.a. USA, GB, Australien) zahlt man z.B. 69 US-Dollar (62 Euro) oder 39 Britische Pfund (50 Euro). Dafür erhält man die kleinste Variante mit drei Mahlzeiten für zwei Personen. Also 6,66 Euro pro Person und Mahlzeit. Das ist knapp unter Pizza-Lieferdienst-Niveau und im Gegensatz dazu frisch (fast alle HF-Produkte sind "Bio") und abwechslungsreich. Man muss aber selbst schnippeln und kochen.
So eine Box reicht also für 3x Mittag- oder Abendessen, eine Vollversorgung (30 Tage) würde 400 Euro kosten. Dazu kommen noch Getränke und Frühstück. Für Singles rechnet sich das schon eher (200 Euro/Monat), aber man müsste Rezepte improvisieren - oder täglich 2x das gleiche essen. Denn eine Single-Box gibt es (noch) nicht. Suboptimal.
Ist das also eine Alternative zu so etwas wie dem REWE-Lieferdienst? Mindestbestellwert = 40 Euro, das lässt sich also prima vergleichen. Aber hier kann ich auch kistenweise Mineralwassser (oder was auch immer) bestellen. Fleisch, Gemüse, Obst - alles kein Problem. Habe ich gut ein dutzend Mal gemacht und wurde nie enttäuscht. Die Preise sind identisch mit den Ladenpreisen, ab 100 Euro kommt das alles frei Haus, sonst zahlt man 2,90 Euro pro Lieferung. Und die kann man sich in einem Online-Kalender aussuchen; wer früh bestellt, bekommt das oft sogar noch am gleichen Tag. Wieviel Gegenwert da für 40+ Euro geliefert werden, liegt dann natürlich an einem selbst. Manchmal gibt es sehr günstige Angebote, wer genau hinguckt, Eigenmarken kauft und einen Bogen um Premium-Royal-Deluxe-Bullshit macht, kann für das Geld seine Vorratskammer für zwei Wochen (und länger) füllen, so meine Erfahrung.
IMHO sitzt HelloFresh zwischen zu vielen Stühlen: Einerseits gibt es frische Ware, aber die kann ich nicht aussuchen. Das nimmt einem einerseits jegliche gedankliche Eigenleistung ab - andererseits muss ich essen bzw. zubereiten, was auf den Tisch kommt. Für Singles, die so einen Dienst vielleicht am ehesten nutzen würden, gibt es keine Angebote. Für Familien ist das aber alles VIEL zu teuer (2 Erwachsene, 2 Kinder? Viel Spaß...) Spitzenverdiener gehen eher Mittags in die Kantine und abends mal Essen, der viel größere Bevölkerungsteil mit mittleren und niedrigen Einkommen wird auch keine 400+ Euro im Monat für Jamie-Oliver-30-Minuten-Rezepte ausgeben.
Vor allem wer trotz Lieferung nicht auch noch zum Supermarkt wackel will, ist mit REWE & Co besser bedient, denke ich. Härter formuliert: HelloFresh ist überflüssig. Es ist weder ein Lifesyle-Produkt, ein "must have", noch eine echte Lebenserleichterung. Während ein Lebensmittel-Lieferdienst à la REWE mir ja wirklich Arbeit abnimmt, indem ich nie wieder Getränkekisten, säckeweise Kartoffeln, Zwiebeln etc. in die 2. Etage schleppen muss. Aus meiner Sicht ist einzig die Tatsache, dass man wirklich nur das erwirbt, was man auch verbraucht, ist ein echter Vorteil. Wenn ein Gericht eine Knoblauchzehe erfordert, bekommt man auch nur eine.
Erwähnte ich bereits, das einer der Samwer-Brüder zu den Investoren gehört? Ja, das waren die mit den Klingelton-Abos. Wie so viele deutsche Start-Ups denken sie (meiner Meinung nach) zu viel an das schnelle - oder zumindest möglichst viel - Geld, statt echte Lücken zu schließen, wie das die Amerikaner tun. "Feel a need, fill a need" heißt es da. SO macht man Kunden happy - und hat auch langfristig Erfolg. Nach einem Bericht der Deutschen Mittelstandsnachrichten sind die Samwer-Brüder in ihren Unternehmungen hingegen vor allem darauf aus, mit fremdem Geld und billigen Arbeitskräften Gebilde, die sie in kurzer Zeit aufbauen, in noch kürzerer Zeit wieder zu verkaufen.
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