Im Post "Hydrokollide" erwähnte ich bereits die faszinierenden Einsatzmöglichkeiten von Calciumchlorid. Eine davon ist "selbsterhitzende Nahrung". So greift der Amerikaner gerne mal zu Fertigkaffee, bei dem man einen Knopf am Becherboden eindrückt - nach einigen Minuten hat die Plörre dann eine Temperatur von ca. 60° Grad. Auch die Franzosen haben sowas am Start: Drinkpanic heißt die Marke (Nachtrag: Inzwischen sind die wohl Pleite...)
Im Make: Blog hat jemand ein Instant-Getränk der US-Firma OnTech auseinander genommen (Nachtrag: Auch diese Seite gibt es nicht mehr. Offenbar gab es Probleme mit explodierenden Kaffeebechern!). Es gibt auch einen erklärenden Video von der Firma selbst. Die Entwicklung des Produkts soll 24 Millionen verschlungen haben. Na, die Kohle ging dann wohl zum größten Teil ins Marketing. Denn soooo High-tech ist das wirklich nicht: Salz und Wasser befinden sich in zwei Kammern, die dann vom Konsumenten durch Druck auf eine Membran zusammengemischt werden. Es folgt eine exotherme Reaktion. Den Effekt kann man schon mit ganz normalem Waschsoda erzeugen, allerdings wird diese Lösung nur handwarm. Na, jedenfalls ist die Kochmethode seit 1354 (Dead Link) bekannt und nicht erst seit OnTech. Auf der Seite von Old & Interesting gibt’s dazu ein paar schöne Quellen. Und in diesem Buch wird das Kochen ohne Feuer (“A quire char saunz fu”) im Frankreich des Mittelalters beschrieben.
Was passiert da genau? Calciumchlorid + Wasser erzeugen eine "negative Lösungsenthalpie". Genausogut funktionieren übrigens Calciumoxid + Wasser (siehe Video). So oder so: Salze bestehen aus Kationen und Anionen. Da schlägt auch auf die Namensgebung durch: Erst kommt das Kat- dann Anion. Also Calcium = Kation, Chlorid = Anion. Ionen sind elektrisch geladenen Atome (die ja "normalerweise" aus gleich vielen Elektronen (-) und Protonen (+) bestehen). Kationen haben weniger Elektronen als Protonen, sind daher positiv geladenen. Und sie heißen KATionen, weil positiv geladene Ionen während einer Elektrolyse immer zur negativ geladenen Kathode wandern. Bei Anionen ist es anders herum. Yo, das ist einer der Gründe weshalb ich Chemie hasste: Immer diese verwirrenden Umstände - Kationen sind positiv, eine Kathode aber negativ... Und es wird noch besser: Bei freiwillig ablaufenden Redoxreaktionen, wie beim Entladevorgang von Batterien, ist die Kathode die positive Elektrode. Bei einer durch angelegte Spannung erzwungenen Redoxreaktion, wie der Elektrolyse, ist die Kathode die negativ polarisierte Elektrode. Grrr...
Wird Salz in Wasser aufgelöst, verrichten die Wassermoleküle an dem Kristallgitter des Salzes "Lösungsarbeit". Wasser ist ein Dipol, es hat einen negativen Pol (O-Atom) und einen positiven Pol (die beiden H-Atome). Und die lagern sich nun an die Ionen des Salzgitters an. Das ist übrigens ein physikalischer Vorgang und kein chemischer. Die Ionen am Rande des Kristallgitters werden so von Wassermolekülen aus dem Gitter herausgelöst und von ihnen umhüllt. Wenn sich Wassermoleküle an Ionen anlagern, wird Energie freigesetzt ("Hydrationsenergie"). Ist die Hydrationsenergie größer als die Gitterenergie, die die Salzionen zusammenhält, tritt eine Erwärmung des Salz-Wasser-Gemischs ein, das Salz ist leicht löslich, die Gitterenergie wird in Form von Wärme freigesetzt.
Mancher Bauer fackelte so seinen Stall ab - ungelöschter Kalk (Calciumoxid) wird auch heute zur Desinfektion ausgebracht. Zusammen mit der Feuchtigkeit im Stroh und/oder dem Urin der Tiere erreicht man bis zu 180° Celsius - mehr als genug, um die Feuerwehr auf den Plan zu rufen.
Wenn man statt wasserfreiem Calciumchlorid jedoch Calciumchlorid-Hexahydrat nimmt (also Calziumchlorid mit Kristallwasser) kühlt die Lösung ab. Dieses Salz löst sich schlechter in Wasser, es wird mehr Energie benötigt, um das Kristallgitter zu knacken. Und diese Energie wird der Umgebung entzogen. Mehr zu diesem Thema gibt's im Posting "Kältemischungen".
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen